Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen

ENTLASTA - Entwurfselemente und Netze für Lastenräder im Stadtverkehr

Ein Lastenradfahrer fährt mit dem Lastenrad E-MIL auf einem Radschnellweg in Arnhem.

Lastenräder gewinnen im Stadtverkehr, sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr, eine höhere Bedeutung. Bei der Fortschreibung des NRVP beruft sich das BMVI auf Untersuchungen, dass etwa 20 % des städtischen Güterverkehrs durch Lastenräder abgewickelt werden kann. Vielerorts fördert die öffentliche Hand deshalb die Anschaffung von Lastenrädern, sowohl für die private als auch für die gewerbliche Nutzung.

Inzwischen sind viele Lastenradmodelle am Markt verfügbar. Neben Kleinlasträdern (KLR) (bspw. Lastenräder zum Kindertransport und Gütertransporträder mit einer Nutzlast von unter 150 kg) werden Schwerlasträder (SLR) angeboten, die Nutzlasten von über 150 kg und ein Ladevolumen von über 1 m³ zulassen. Für diese Fahrräder ist eine batterieelektrische Unterstützung heute Standard. Die Varianz von Fahrdynamik und Maßen innerhalb der Fahrradflotte nehmen deshalb zu. Verschiedene Fahrräder haben allerdings unterschiedliche Anforderungen an die Radverkehrsinfrastruktur. Fahrradverkehre werden zudem zukünftig vermehrt auch mit Wegzwecken auftreten, für die sie bisher nur selten infrage gekommen sind.

Städte stehen deshalb vor der Herausforderung, ihre Radverkehrsinfrastruktur auf diese Entwicklungen hin zu überprüfen, auszurichten und auszubauen, um für alle Verkehrsteilnehmenden funktionale und verkehrssichere Voraussetzungen zu schaffen.

Um dies zu ermöglichen, werden im Projekt ENTLASTA

  • die Planungsverfahren für das gesamte Radverkehrsnetz überprüft und weiterentwickelt, um eine harmonisierte Netzplanung für alle relevanten Fahrtzwecke des Radverkehrs sicherzustellen und
  • die Radinfrastrukturanlagen auf die Anforderungen von Schwerlasträdern und Kleinlasträdern überprüft, bewertet und Gestaltungsempfehlungen abgegeben.

Ziel ist es, die Nutzung des Lastenrades sowohl im Wirtschaftsverkehr als auch im Alltagsverkehr für alle Verkehrsteilnehmenden verträglich, konfliktfrei und sicher zu gestalten und den Lastenradnutzenden eine funktionale, komfortable und sichere Nutzung zu ermöglichen.

Netzplanung und Infrastruktur beeinflussen sich wechselseitig. Einerseits beeinflussen nicht änderbare Restriktionen aus der bestehenden Radinfrastruktur die Routenbildung in der Netzplanung. Andererseits erfolgt ein strategischer Ausbau der Radinfrastruktur auf der Grundlage dieser Netzplanung, die funktional gegliedert ist und somit eine Priorisierung beim Ausbau ermöglicht.

Güterradverkehre sind vielfältig und die planungsrelevanten Verhaltensparameter abhängig von den eingesetzten Fahrrädern und der räumlichen Verteilung der Quell- und Zielorte. Diese für die relevanten Branchen aufzubereiten ist Aufgabe des Projekts ENTLASTA. Es sollen verbindungsbezogene Qualitätsstandards (Stufen der Angebotsqualität beispielsweise in Bezug auf Umwegfaktoren, Luftliniengeschwindigkeiten und Längsneigungen) erarbeitet werden, die bei der Netzplanung im Radverkehr zu berücksichtigen sind. Das weiterentwickelte Netzplanungsverfahren wird in drei Städten exemplarisch in Kooperation mit den Stadtverwaltungen angewendet, um eine starke Praxisnähe zu gewährleisten.

Planungsvorgaben für Infrastrukturelemente und Führungsformen des Radverkehrs werden im Projekt auf ihre Eignung für Kleinlasträder und Schwerlasträder überprüft und bewertet. Einige Infrastrukturelemente und Führungsformen des Radverkehrs (z. B. Einbahnstraßen mit Freigabe für den gegenläufigen Radverkehr, gemeinsame Geh- und Radwege, Mittelinseln) lassen sich insbesondere mit Schwerlasträdern nur mit Konflikten und Sicherheitsbedenken befahren. Insbesondere bei zu geringen Breiten auch in Kombination mit einem schlechten Oberflächenzustand können einige Infrastrukturelemente Konflikte mit Fußgängern und anderen Radfahrern begünstigen.

Die ermittelten Anforderungen an die Netzkonzeption und die einzelnen Entwurfselemente werden zu konkreten Vorschlägen für die Fortschreibung der einschlägigen technischen Regelwerke der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) ausgearbeitet.

Zudem werden die gewonnenen Erkenntnisse sowohl hinsichtlich einer für Lastenräder geeigneten Netzplanung als auch in Bezug auf geeignete Infrastrukturelemente und generelle sicherheitsrelevante Empfehlungen in einem praxisgerechten Leitfaden für Kommunen aufbereitet, um eine zeitnahe Hilfestellung für die kommunale Planungspraxis zu liefern und dementsprechend einen unmittelbaren Nutzen zu generieren.

Ergebnisse

Verkehrsnetze erfüllen drei wesentliche Funktionen: die Verbindungs-, die Erschließungs- und die Aufenthaltsfunktion. Herkömmliche Planungsverfahren konzentrieren sich stark auf die Verbindungsfunktion, während die Erschließungsfunktion innerörtlicher Verkehrsnetze nur unzureichend abgebildet wird. Daher ist eine Anpassung der Methodik der Richtlinien für integrierte Netzgestaltung (RIN) notwendig. Ein vielversprechender Ansatz könnte die Planung eines Erschließungsnetzes nach einem alternativen Verfahren sein, inspiriert vom bee network in Manchester. Dieses Konzept ermöglicht es Radfahrenden, sicher im Mischverkehr zu fahren, indem komfortable Querungsstellen an stark befahrenen Straßen geschaffen werden. Die Kombination eines nach der RIN-Methode geplanten Verbindungsnetzes mit einem neu gestalteten Erschließungsnetz führt zu einem hochwertigen Gesamtnetz. Dennoch bleibt die Umsetzung der Radverkehrskonzepte für viele Städte eine große Herausforderung, da nur etwa die Hälfte der deutschen Großstädte über eine beschlossene Umsetzungsstrategie verfügt.

Detaillierte Empfehlungen und Planungsgrundlagen aus dem Projekt sind im Leitfaden Radnetz - Planungsleitfaden für die Gestaltung innergemeindlicher Radverkehrsnetze zusammengefasst.